Korinty Szalon
Bunsen Lithografien in der Korinty Szalon
Rektor Martin Handschuh und Vizeburgermeister Richard Barabás von Újbuda/Budapest
Frederick Bunsen mit seinem ungarischen Druckmeister István Szabó aus Vác Ungarn
"Im Zuge der Plötzlichkeit" - der Titel dieser Werkschau nimmt Bezug einerseits auf das Unerwartete, auf den glücklichen Moment, der den Künstler inspiriert, und andererseits auf das Wesen des Kunstwerkes, einen - womöglich nur imaginierten - Augenblick festzuhalten, ihn der Zeitlichkeit zu entziehen. In seinen ästhetischen Schriften, allen voran in "Plötzlichkeit. Zum Augenblick des ästhetischen Scheins" von 1981 hat der Literaturwissenschaftler und Philosoph Karl Heinz Bohrer die Sprengkraft des individualistischen Denkens außerhalb eines zeitlichen Kontinuums - unter Bezug auf Montaigne, Schlegel und Nietzsche -ausschließlich im Gewand neuer Ausdrucksformen gesehen. Und auch in Bildwerken ist das verblüffend Neuartige einer Idee oftmals untrennbar mit ihrem unerwarteten Erscheinen verknüpft.
In Ungarn, in Budapest, in Ujbuda und namentlich hier in der Galerie des Karinthy Szalons wahrlich kein Unbekannter ist Prof. Frederick D. Bunsen.
1952 in El Paso, Texas, U.S.A. geboren, studierte er ab 1970 an der Oregon State University in Corvallis Germanistik, Bildende Kunst und Kunstgeschichte sowie zusätzlich ab 1973 in Stuttgart an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste schwerpunktmäßig freie Grafik und Malerei sowie an der dortigen Universität Germanistik und Kunstgeschichte. Er schloss diese Studien jeweils mit Auszeichnung in den akademischen Graden B.A., B.Sc. und M.A. ab.
Seitdem ist er als freier Künstler erfolgreich - er hat schier unzählige Ausstellungen auch in internationalem Kontext bestritten und sich hierbei hohe Anerkennung erworben. Als Galeriegründer, Ausstellungsmacher, Verbandsfunktionär und als Dozent ist er seit Jahrzehnten aktiv; seine Expertise ist dabei weit über die Landesgrenzen hinaus gefragt.
Eine besondere Beziehung verbindet ihn mit Ungarn und seiner hochzuschätzenden Tradition in der Druckgrafik: bereits seit den frühen Neunzigerjahren führten ihn künstlerische Austausche und Studienaufenthalte vielfach hierher und vor allem nach Vác zu Nalors Grafika, wo die hier zu sehenden Exponate, sämtlich handgedruckte Original-Lithografien, unter Mitwirkung des legendären Druckmeisters István Szabó das Licht der Welt erblicken durften.
Im Laufe der Jahre hat Frederick Bunsen sich eine reiche Lehrerfahrung erworben, u.a. durch eine mehrjährige Gastprofessur an der Universität Klausenburg in Rumänien, wobei ihn seine persönliche Freundschaft und Zusammenarbeit mit dem Systemtheoretiker Niklas Luhmann prägt. Diese Denkansätze spiegeln sich auch in seinem Werk wider, wobei die hier ausgestellten Arbeiten entschlossenen Duktus und eine sensibel-vielschichtige Poetik vereinen und der Frage nach Zeit und Vergänglichkeit nachzuspüren anregen.
In deutschen Kunstkreisen wird Bunsens temperamentvoller Umgang mit der Linie oft als der "Bunsenstrich" bezeichnet. Das heißt, sein Einsatz von Linie und Fläche offenbart gleichzeitig die große Spontaneität und Emotionalität, mit denen sie einst auf der Bildfläche entstanden sind. In seinen Bildfeldern kollidieren kraftvolle Linienbewegungen mit kompakten, dunkleren Farbflächen und vermitteln dem Betrachter den Eindruck eines inneren Kampfes.
Sein grundlegendes Gestaltungsprinzip sieht die differenzierende Gegenüberstellung von Chaos und Logos vor. Neben ineinander verwobenen Farben als Träger expressiver Spannungen verdichtet er seine Pinselstriche in Intervallen als rhythmische Elemente des Bildraumes, was im systemischen Kontext (Niklas Luhmann) zur Essenz seiner Arbeit kulminiert.
Seit seiner Übersiedlung nach Deutschland Anfang der 1970er-Jahre ist diese künstlerische Form des heutigen Existenzialismus zum persönlichen Markenzeichen des Künstlers geworden. Bunsens Werk hat sich stets an abstrakte Reduktionen gehalten, die einen ästhetischen Ausdruck mit tieferen Ebenen der räumlichen, wenn nicht gar geistigen Kontemplation ermöglichen. Sie eröffnen damit - im Zuge der Plötzlichkeit ihres Impulses - Resonanzräume für Transzendenzerfahrungen.